Saturday, November 04, 2006

1. Nina (8) darf ihren Vater nicht sehen; Nun hat der Hamburger (42) seine Ex-Freundin verklagt

Nina (8) darf ihren Vater nicht sehen
Nun hat der Hamburger (42) seine Ex-Freundin verklagt

Das hat es bisher nur ganz selten in Deutschland gegeben: In Pinneberg wurde gestern gegen eine Mutter ein Strafverfahren wegen Kindesentziehung eröffnet. Der 41-jährigen Schenefelderin Kerstin T. wird vorgeworfen, seit vier Jahren jeden Kontakt des Vaters zu der heute achtjährigen Nina (alle Namen geändert) zu vereiteln. Seit 2002 hat der Diplom-Informatiker Stefan Hofmann (42) sein Kind nur zwei Mal sehen können - und auch das nur mit Hilfe des Gerichts.

Der Krieg der Eltern um das Kind füllt inzwischen so viele Aktenordner, dass die Richterin gestern bei Prozesseröffnung nur meinte: "Dieser Fall ist ohne Worte." Eine Gutachterin soll geäußert haben, dass sie in all den Jahren "so etwas noch nicht erlebt" habe. Für die Mutter sei es inzwischen schon fast zur Lebensaufgabe geworden, den Vater dem Kind zu entfremden. Kerstin T. soll die Tochter in einen schweren Loyalitätskonflikt gestürzt haben. Bei einem der seltenen Treffen sagte Nina zum Vater angeblich: "Ich habe dich lieb - aber sag das nicht der Mama, sonst bekomme ich Schimpfe." Einer Erzieherin vom Kindergarten vertraute Nina an, wenn sie es wage, die Mutter nach dem Vater zu fragen, müsse sie sofort aufs Zimmer gehen.

Sechs Jahre zurück: Stefan Hofmann und seine Lebensgefährtin trennen sich. Die erste Zeit sehen sich Vater und Tochter noch regelmäßig. Als Stefan Hofmann dann aber 2002 eine neue Freundin findet, ändert sich plötzlich alles: Die Mutter soll von da an jeden weiteren Kontakt untersagt haben. Unzählige Male bemüht Stefan Hofmann daraufhin das Familiengericht. Immer wieder werden Umgangsregelungen getroffen, an die sich die Mutter aber laut Staatsanwaltschaft nie hält - auch nicht, als gegen sie ein Zwangsgeld verhängt wird. Die Staatsanwaltschaft spricht von "kindeswohlgefährdender psychischer Einflussnahme". Inzwischen sei es nämlich schon so weit, dass Nina Angst vorm Vater habe, ihn nicht mehr sehen wolle. Ihr wurde offenbar von der Mutter eingeredet, dass der Vater sie mit Gewalt der Mutter entreißen wolle.

Vor Gericht zeigte sich die Angeklagte, gegen die inzwischen auch ein Verfahren auf Sorgerechtsentziehung läuft, wenig einsichtig. Dem Vater gab sie die Schuld. Und auch den Behörden. "Mein Kind will den Vater eben nicht sehen. Ich kann es doch nicht zwingen." Auf die Frage, wie es denn so weit kommen konnte, dass das Kind solche Angst entwickelte, hatte sie keine Antwort.

Den Vorschlag der Richterin, die verfahrene Situation durch einen gerichtlichen Mediator klären zu lassen und das Strafverfahren auszusetzen, lehnte Stefan Hofmann als Nebenkläger ab. Nun wird wohl eine langwierige Beweisaufnahme beginnen. Kindergarten, Schule, Jugendamt und Gutachter werden aussagen müssen. Die MOPO wird dranbleiben.

WENN VÄTER UM IHRE KINDER KÄMPFEN

In Hamburg gab es 2005 rund 5000 Scheidungen. Rund 4700 Kinder waren betroffen. Statistisch hat innerhalb eines Jahres jedes vierte den Kontakt zu einem Elternteil verloren - meist zum Vater.

Das Bremer Institut für Geschlechter- und Generationenforschung befragte 3600 Trennungsväter - und kam zu dem Ergebnis, dass jeder zweite um den Umgang mit seinen Kindern kämpfen muss. In der Regel nehmen sie einen langjährigen Rechtsstreit auf sich, an dessen Ende nicht selten ein gerichtlich bestellter Gutachter die Frage aufwirft, ob nach so langer Zeit ein väterliches Umgangsrecht überhaupt noch dem Wohl des Kindes zuträglich wäre. Strafverfahren wegen Kindesentziehung sind äußerst selten. Die Justiz schreckt meist davor zurück, Anklage gegen Mütter zu erheben.

Aber auch Väter sind manchmal nicht besser Unter den Prozessbeobachtern befand sich gestern eine Frau, die in einer Pause davon berichtete, wie der Ex-Mann ihr die Tochter systematisch entfremdet habe, so dass das Mädchen seit November 2005 jeden Kontakt mit ihr ablehne. Karin S. sucht Schicksalsgenossinnen. Die MOPO (E-Mail o.wunder@mopo.de) stellt gerne den Kontakt her.

Experten sind überzeugt, dass Kinder, die den Kontakt zu Vater oder Mutter verlieren, furchtbar leiden Erhöhte Suizid- und Suchtgefahr, schlechte Schulnoten und lebenslange Suche nach dem zweiten Elternteil können die Folge sein.

Hilfe für Betroffene gibt es hier

- Väter e.V., Rothestraße 36, 22765 Hamburg, www.vaeter.de

- Väteraufbruch für Kinder, Landesverein Hamburg, www.vafkhh.de, Hotline (01805) 823544

Links:
www.vaeter.de
www.vafkhh.de

(MOPO vom 01.11.2006 / SEITE 10)